Städtepartnerschaft

Solidarität mit Nordsyrien

Von Marie-Sophie Adeoso

Eine Frankfurter Initiative sammelt Spenden und wirbt für Städtepartnerschaft mit Kobanê. Die Initiative arbeitet eng mit der „Stiftung der freien Frauen in Rojava“ zusammen.

Das Ziel ist klar: eine neue Städtepartnerschaft für Frankfurt anstoßen, „aber nicht aus ökonomischen, sondern aus politischen Gründen“, sagt Lothar Reininger. „Initiative Städtepartnerschaft Kobanê – Frankfurt“ heißt das Unterfangen, das der frühere Stadtverordnete der Linken und erste Vorsitzende des Vereins Leben und Arbeiten in Gallus und Griesheim (LAGG) auf den Weg gebracht hat. Seit Mai trifft sich die Initiative regelmäßig im Club Voltaire, dessen stellvertretender Leiter Reininger ebenfalls ist, und diskutiert, wie die Solidarität mit der Stadt in der autonomen aber völkerrechtlich nicht anerkannten und von Hilfslieferungen weitgehend abgeschnittenen Förderation Nordsyrien Rojava aussehen könnte.

Lisa Westerhoff ist Vorstandsmitglied der Initiative, die gerade den Prozess der Vereinsgründung vollzieht. Die 33-jährige Politikwissenschaftlerin betont den Vorbildcharakter des kurdischen Selbstverwaltungsgebiets Rojava, das in seinem Gesellschaftsvertrag etwa das Prinzip einer weiblich-männlich besetzten Doppelspitze verankert habe und neben dem Einsatz für Frauen auch weitreichende Kinderrechte garantiere. „Für uns ist es ein politisches Anliegen, diese Strukturen zu unterstützen und beim Wiederaufbau zu helfen“, sagt Westerhoff und betont die Symbolkraft einer Partnerschaft mit Kobanê als erster vom sogenannten Islamischen Staat (IS) zurückeroberter Stadt.

Deshalb arbeitet die Initiative eng mit der „Stiftung der freien Frauen in Rojava“ zusammen. Deren konkreter Wunsch sei es gewesen, Unterstützung für ein Waisenhaus in der zerstörten Stadt zu erhalten, sagt Reininger. 22 000 Euro seien dafür bereits gesammelt und vom LAGG durch weitere 10 000 Euro aufgestockt worden. Neben dem Bau des Hauses sollen so langfristig auch Traumatherapien für die Kinder ermöglicht werden, die ihre Eltern im Kampf gegen den IS verloren haben und als Straßenkinder ihrerseits leichte Beute für Anwerbeversuche der Islamisten wären. Ein traumatherapeutisches Konzept dafür hätten Mitglieder des Jugend- und Familienhilfeträgers „Welle“ aus Maintal bereits ausgearbeitet. Neben diesen seien an der Initiative auch Vertreter von der Lehrergewerkschaft GEW, dem Dritte-Welt-Haus, verschiedenen kurdischen Vereinen und dem Städtepartnerschaftsverein Frankfurt-Granada beteiligt, sagt Westerhoff.

Letzterer zeige beispielhaft, dass eine Partnerschaft allein wenig bringe, „sie muss gelebt werden“, sagt Lothar Reininger. So wolle es die Initiative für Kobanê auch handhaben: langfristige Strukturen aufbauen und die Partnerschaft mit Leben füllen – in der Hoffnung, „dass die Kommunalpolitik mutig genug ist“, sie eines Tages offiziell zu machen.

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