Sylvia Weber, Frankfurter Dezernentin für Bildung und Integration, zum internationalen Tag der Solidatität für Kobane:

Sehr geehrter Ahmad Sheikho,
sehr geehrter Herr Dr. Wilk,
sehr geehrte Frau Winter,
sehr geehrtes Mitglied der KAV Herr Hacioglu,
sehr geehrte Damen und Herren,
liebe Mitstreiterinnen und Mitstreiter,

ich begrüße Sie alle sehr herzlich auch im Namen der Stadt Frankfurt als stolze Schirmherrin des diesjährigen Internationalen Kobane-Tags.

Leider sind es keine schönen Umstände, unter denen wir uns in diesem Jahr zusammenfinden. Es sind schwere Zeiten, die unsere Freundinnen und Freunde, unsere Brüder und Schwestern aktuell in der Region Kobane erleben müssen. Umso wichtiger, dass von Frankfurt aus und von vielen anderen Orten der Welt ein Signal der Solidarität und des Mitgefühls ausgeht.

Auch deshalb möchte ich ganz herzlich und besonders den Vertreter der Selbstverwaltung von Nord- und Ostsyrien, Herrn Ahmad Sheikho, begrüßen. Herr Sheikho, es ist uns eine Ehre, dass Sie unsere Stadt und den Kobane-Tag besuchen. Über Monate hinweg haben wir um ein Visum für Sie gekämpft. Jetzt hat es endlich geklappt und wir lernen uns persönlich kennen. Herzlich Willkommen und vielen Dank für Ihr Kommen!

Die Verbindung zwischen Frankfurt und Kobane ist in den letzten Jahren immer enger geworden. Das liegt zum einen natürlich an den vielen engagierten Menschen, die aufgrund der eigenen Herkunft oder Biografie oder aus ideellen Gründen sich für die Region Rojava und den Wiederaufbau eingesetzt haben.

Menschen wie Bianca Winter, wie Haci Hacioglu oder Abdulaziz Zähter, genauso wie Sie alle hier, die heute an dieser Veranstaltung teilnehmen. Sie halten die Verbindung zu Kobane und den Menschen dort aufrecht, knüpfen Netzwerke und bauen Brücken.

Es gibt aber auch einen zweiten Grund für die guten und engen Beziehungen Frankfurts zu Kobane und das ist der, dass unsere beiden Städte sehr viele Gemeinsamkeiten haben. Wie Frankfurt ist Kobane eine Region, deren Geschichte und Gesellschaft auf Gleichberechtigung, Vielfalt und Solidarität aufgebaut ist.

Insbesondere die Emanzipation der Frauen in Rojava – heute repräsentiert vor allem auch durch die anwesenden Frauenorganisationen – ist ein Fortschritt in der Region. Ich selbst komme aus der Frauenbewegung und kann nur meine große Freude und meinen Respekt für die Emanzipationsbewegung und für das, was Sie erreicht haben, zum Ausdruck bringen.

Und ich grüße von hier aus alle Schwestern in Rojava und sage ihnen: Ich bin stolz auf den Mut, auf die Kraft und die Schönheit, mit der Ihr das alles dort aufgebaut habt!

Und um so mehr schmerzt es mich und uns alle, dass – nachdem gerade der Aufbau fast abgeschlossen ist – nun alles wieder zerstört werden soll. Das kann nicht sein und das darf nicht sein.

Und deshalb hat der Vorstand der Frankfurter SPD auch – mit Ihrer und Eurer Unterstützung – eine Resolution verabschiedet, in der wir den türkischen Angriff verurteilen  und die Bundesregierung auffordern, sich einzusetzen

– für die sofortige Beendigung der Waffenlieferungen an die Türkei

– für eine Flugsicherheitszone,

– für Wirtschaftssanktionen und die Kündigung der Hermes-Bürgschaften,

– für eine UN-Sonderzone zum Schutz der Menschen in Nord- und Ostsyrien und

– für die sofortige Aufnahme von Friedensverhandlungen.

Wir leiden mit den Menschen, die von Krieg und Verfolgung bedroht sind und wir sind solidarisch mit ihren Familien hier in unserer Stadt. Wir teilen die Werte, die in Rojava gelebt und verteidigt werden und wir wollen nicht, dass dieses Land wieder ins Mittelalter zurückgestoßen wird.

Vielfalt und Gleichberechtigung: Frankfurt, die Stadt der Paulskirche, die früher einmal eine freie Reichstadt war, blickt auf eine ganz ähnliche Tradition zurück. Der wesentliche Unterschied besteht darin, dass die Bedeutung dieser Werte, den Menschen in Kobane jetzt wieder auf grausame Weise vor Augen geführt wird, während wir – zum Glück verschont von Krieg und Hunger – die freiheitlich-demokratische Grundordnung, den Wohlstand und die kulturellen Möglichkeiten zu oft als selbstverständlich hinnehmen.

Schon deshalb sollte es für alle demokratischen Menschen eine Pflicht sein, sich für die Unversehrtheit und den Frieden in Kobane einzusetzen – so wie Sie es tun.

Als Frankfurter Dezernentin für Integration gilt mein Auftrag zuerst dem guten Zusammenleben in unserer Stadt. Einer Stadt, die durch Vielfalt und Internationalität so sehr geprägt ist, wie kaum eine andere deutsche Stadt. Ein wichtiger Teil Frankfurts und Teil des sozialen, kulturellen, wirtschaftlichen und politischen Erfolgs dieser Stadt sind natürlich auch die Menschen aus der kurdischen und der türkischen Community.

Und deshalb möchte ich hier für meine Person und ich denke auch für den Magistrat der Stadt Frankfurt sprechen, wenn ich sage: Wir Frankfurterinnen und Frankfurter unterscheiden nicht zwischen Kurden und Türken, wir unterscheiden nicht zwischen Muslimen und Nicht-Muslimen. Wir Frankfurterinnen und Frankfurter stehen ein für alle Menschen, die gegen Krieg, gegen Verfolgung und gegen Diskriminierung sind. Und unsere Solidarität gehört allen Menschen, die sich für Freiheit, Gleichheit und Brüderlichkeit einsetzen.

In diesem Sinne sind wir alle eins und in diesem Sinne wünsche ich auch der Städtefreundschaft Frankfurt – Kobane e. V. alles Gute. Und den Menschen in Rojava wünsche ich, dass sie den schrecklichen Krieg, das Leid, den Hunger und den Terror bald für immer hinter sich lassen können.

Vielen Dank.